Hat die deutsche Minderheit im Oppelner Land Zukunft?

Krzysztof Ogiolda/Tłum. ELF
fot. Krzysztof Świderski
Eben diese Frage haben wir einigen Delegierten zur Jahresversammlung der SKGD und Teilnehmern der Minderheitenwallfahrt am letzten Sonntag gestellt. Ihre Beobachtungen und Antworten sind nicht eindeutig.

Aus der Beobachtung der Pilger am Sankt Annaberg selbst konnten Optimisten Hoffnung schöpfen. Zum Treffen bei der heiligen Anna, die Generationen verbindet, sind nicht nur die Veteranen der deutschen Minderheit gekommen. In der Lourdesgrotte waren relativ viele junge Menschen und Familien mit Kindern, was der Hauptzelebrant Bischof Andrzej Czaja bemerkte und anerkennend würdigte. Jüngere und ältere Teilnehmer haben engagiert neue interessant klingende Lieder mitgesungen und beim gemeinsamen Gebet mitgemacht. Eine andere Quelle des Optimismus konnte der Wettbewerb der Kinder - und Jugendgruppen sein, welcher parallel zur Minderheitenwallfahrt veranstaltet wurde. Es scheint, dass es um die Kultur gut steht, wenn sie von über 30 Gruppen mit insgesamt mehr als 400 jungen und sehr jungen Menschen gepflegt wird. Doch an diesem Sonntag konnte man auch pessimistische Schlussfolgerungen ziehen. Trotz der sehr guten Wetterbedingungen (ein paar Regentropfen fielen erst während der Messe) war die Besucherzahl recht überschaubar. Die Zahl der Pilger hat wohl die Zweitausendmarke überschritten, doch das ist gerade mal ein Zwanzigstel der die Mitgliedsbeiträge zahlenden SKGD-Mitglieder. Es fällt schwer, nicht zu fragen, wo die Übrigen geblieben sind. Ein Teil davon machte wohl bei den am letzten Sonntag zahlreichen Herz Jesu- oder Mutter Gottes-Pfarrablässen mit. Doch viele wählten schlicht und einfach andere Veranstaltungen, die nichts mit der Minderheit zu tun hatten, oder blieben vor dem Fernseher sitzen.

„Ich habe starke Zweifel, ob sich die deutsche Minderheit weiterentwickeln wird“, sagt Róża Malik, Proskaus Bürgermeisterin. „Wird das Bedürfnis der Pflege der deutschen Sprache und Kultur erhalten bleiben? Ich sehe in meiner Gemeinde einen solchen positiven Impuls des Deutschtums nicht. Nach langen Bemühungen und Proben gelang es uns in der Gemeinde, die erste zweisprachige Klasse zu gründen. Diese wird nun mal gerade von zwölf Kindern besucht, wovon vielleicht nicht mal die Hälfte Kinder von Deutschen, Mitgliedern der Organisation der deutschen Minderheit sind. Den Unterricht leitet eine wunderbare Lehrerin und die Kinder reagieren toll. Doch viele Eltern, auch in unserem Milieu, sind immer noch schwer davon zu überzeugen, dass ein zweisprachiges Kind sich besser entwickelt und nicht nur seine künftigen Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessert“.

Die Bürgermeisterin bedauert es, dass es selten vorkommt, dass sie sich unter Menschen befindet, die das Bedürfnis verspüren, miteinander Deutsch oder - wie es so schön jahrelang Erzbischof Alfons Nossol sagte - in der Sprache des Herzens zu sprechen.
„Wenn ich in Südtirol bin, beobachte ich ein starkes Bedürfnis, die deutsche Sprache ja geradezu demonstrativ zu benutzen, nicht nur im Gespräch, sondern auch in Form von Schildern an der örtlichen Tischlerei oder an Geschäften. Bei uns beobachte ich eine solche Haltung nicht“, gesteht Róża Malik. „Es gibt ab und zu auch erstaunlich negative Situationen. Mit unserer DFK-Gruppe haben wir einen Ausflug nach Dresden organisiert. Nach der Besichtigung machten die Teilnehmer noch schnell Einkäufe. Sie kehren zurück. Jemand trägt ein deutsches Fähnchen. Und ich höre eine Frau aus unserer Minderheitengruppe sagen: „Ich kann die deutsche Fahne nicht mehr sehen“. Ich war schockiert. Jemand gab ihr ein Kontra und sagte, dass sie auf die Euros, die ihr Mann in Deutschland verdient, sehr gern schaut. Ein anderes Beispiel: Wenn die deutschsprachige Messe in Winau vom Sonntag auf den Dienstag verlegt wird und ich höre, dass die Mitglieder der deutschen Minderheit dafür sind, dann ist das kein gutes Zeichen. Wenn ich sehe, dass eine Mutter nach einem Jahr Schuljahr die Erklärung für den Deutschunterricht als Minderheitensprache für ihr Kind zurücknimmt und dabei argumentiert, dass der Vater und Ehemann im Westen arbeitet und die Sprache auch nicht kennt, da habe ich das Gefühl, das wir uns auf einer schiefen Ebene befinden“.

Helmut Paisdzior, ehemaliger Sejmabgeordneter der deutschen Minderheit, bemüht sich die Realität etwas optimistischer zu sehen. „Es ist wie mit dem Christentum in Europa“, so Paisdzior. „Einerseits gibt es Gründe zur Beunruhigung, andererseits glauben wir, dass das Boot der Kirche nicht untergehen wird. Ich hoffe, dass das Boot der Minderheit auch nicht untergeht. Ich rechne damit, dass junge Menschen, wenn sie ein gewisses Alter erreichen, sich die Frage stellen werden, wo ihre Wurzeln liegen und folglich die Identität und Werte, welche deren Eltern und deren Nation repräsentierten, für sich entdecken werden. Ich habe das Gefühl, dass unsere Jugend zu wenig über Errungenschaften und Erfolge des deutschen Staates weiß, mit dem sie sich auf den Gebieten der Wirtschaft, Kultur, Finanzen usw. zu identifizieren hat. Das ist wichtig, nicht nur aus dem Grund, dass das wirtschaftlich, kulturell und auch sportlich sich entwickelnde Polen über eine große Assimilationskraft verfügt“.

Der Abgeordnete unterstreicht, dass die Entwicklung einer emotionalen Bindung an Deutschland und an seine enormen Errungenschaften in vielen Bereichen auch als Gegengewicht zu dem zeitlich entfernten, aber dennoch im Bewusstsein vorhandenen Brandmal der Nazivergangenheit gebraucht wird.
„Von meiner eigenen Enkelin habe ich zu hören bekommen“ - gesteht Herr Paisdzior - „ich war in Auschwitz und habe gesehen, was die Deutschen gemacht haben”. „Würdest du nun zugeben, dass du Deutsche bist?, fragte ich. Sie sagte ja, doch in ihren Augen habe ich gesehen, dass dieses Bekenntnis ihr sehr schwer fiel“.

Gerard Wons vom DFK in Zembowitz rechnet damit, dass die Mitgliederzahl der deutschen Minderheit sinken wird. „Doch dann - so hoffe ich - wird sich die „Qualität“ verbessern. Wir werden etwas weniger sein, doch der Einfluss auf unsere Wirklichkeit muss nicht deswegen geringer sein. Leider hilft uns nicht die Tatsache, dass heute das Klima für Toleranz und Multikulturalität sich verschlechtert hat. Es schien, dass in der Region unsere Verhältnisse mit der Mehrheit gut geordnet sind, doch seit einigen Jahren beobachte ich einen Rückschritt. Als ich mit den Besuchern aus unserer Partnergemeinde in Deutschland Oppeln besichtigt habe, kam es mehrmals vor, dass jemand von den Einwohnern sich kritisch dazu geäußert hat, dass wir auf der Straße Deutsch sprechen. Ich denke, dass so etwas in Breslau nicht vorkommt. Beeinflusst von solcher negativen Einstellung und Erscheinungen von Nationalismus schirmt sich die Minderheit ab und begibt sich in ein „Ghetto“. Das ist ungünstig für uns. Wir sollten uns gegenseitig ergänzen und zusammenarbeiten“.

„Ich denke“ - so Roman Kolek, Vizemarschall der Woiwodschaft von der Liste der deutschen Minderheit -, „dass in der globalen Welt, in der sich die Kulturen immer mehr integrieren und vermischen, die deutsche Minderheit ihren Platz hat und haben wird. Doch wir brauchen ein gesellschaftliches Klima von Akzeptanz und Verständnis. Dieses Klima verschlechterte sich etwas in der letzten Zeit. Vor allem durch das Gefühl der Bedrohung durch den Islam. Das verstärkt wiederum allgemeine Bedenken bezüglich des Zusammenlebens und der Koexistenz von Kulturen. Wir erwarten eine Rückkehr zur Haltung der positiv gesehenen Zusammenarbeit. Die deutsche Minderheit in der Region und in Polen ist auf jeden Fall konstruktiv eingestellt, wirkt und arbeitet zum Wohl der lokalen Gemeinschaften und der Einwohner. Die Menschen spüren das, doch sie sind gleichzeitig davon fasziniert, was sich in der großen Politik abspielt. Und dort laufen meiner Meinung nach die Dinge nicht gut. Der Grad der Akzeptanz für Andersartigkeit ist in ganz Europa gesunken.

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