Waldemar Gielzok: Nutzen wir das, was uns der Staat gibt

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Waldemar Gielzok
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Lehrbücher, Lehrprogramme und Hilfsmaterialien müssen ständig verbessert werden. Es ist eine Arbeit ohne Ende - sagt Waldemar Gielzok, Vorsitzender der Deutschen Bildungsgesellschaft.

- Haben Sie je Deutschunterricht für Kinder erteilt?
- Während meines Germanistikstudiums an der Universität Oppeln habe ich pädagogische Seminare besucht. Im Rahmen meines Praktikums habe ich an der öffentlichen Grundschule Nr. 20 in Oppeln Deutsch unterrichtet. Diese Schule habe ich auch als Kind besucht. Nach dem Studium habe ich nie als Lehrer gearbeitet. Ich bin Übersetzer.

- Ich frage nicht ohne Grund. Seit zwei Monaten stehen Sie an der Spitze der Deutschen Bildungsgesellschaft, die mit und für Lehrer arbeitet. Eine mutige Entscheidung.
- Das kann so aussehen. Doch man sollte nicht vergessen, dass der Begriff der Bildung, Ausbildung etwas breiter ist als das Schulwesen. Bildung bedeutet in Deutsch das Wissen allgemein. Doch ich stimme dem zu, dass sich die meiste Tätigkeit der Deutschen Bildungsgesellschaft auf der Schulproblematik und Lehrerfortbildung konzentriert.

- Diese Tätigkeit wird in dem neuen Schuljahr ein völlig neuer Vorstand leiten. Woher diese Revolution?
- Mann musste einen Generationswechsel durchführen. In solch einer Organisation, wie die Deutschen Bildungsgesellschaft, sollte es nicht so sein, wie es zumindest teilweise auf der polnischen Politikszene ist. Viele Gesichter sehen wir uns stets seit 1989 an. Überall auf der Welt passieren solche Veränderungen. Es war schwer von Personen, die von Anfang an in den Reihen der deutschen Minderheit aktiv sind und einer davon war mein Vorgänger Bruno Kosak zu erwarten, dass sie sich ein weiteres Mal mit den schwierigen Aufgaben im Bildungsbereich beschäftigen.

- Und warum haben Sie die Entscheidung getroffen?
- Ich zitiere den Politiker und Urheber der Perestroika: Wenn nicht wir - wer dann? Wenn nicht jetzt - dann wann?

- Welche dringendsten Aufgaben sehen Sie vor sich, dem Vorstand und der Bildungsorganisation der Minderheit?
- Es fällt schwer übertriebene Ziele in einer Situation zu setzen, wenn alle diese Personen als Volontäre arbeiten und ihre Zeit zwischen der Bildungsaktivität und ihren Beruf teilen. Ich sage das gezielt, weil man mir bereits zu der Entlohnung als Vorsitzender der Deutschen Bildungsgesellschaft gratuliert hat. Am wichtigsten für uns zurzeit ist, diese Möglichkeiten zu nutzen, die uns der polnische Staat im Rahmen des Deutschunterrichts als Minderheitensprache bietet. Wir möchten uns auch auf den Geschichts- und Kulturunterricht des Herkunftslandes, der ab diesem Jahr angeboten wird, behandeln. Weiterhin möchten wir Lehrprogramme vorbereiten und möglichst viel didaktisches Hilfsmaterial, welches diesen Prozess erleichtert. Doch das ist nur das Drumherum. Der Kern unserer Tätigkeit bilden die Lehrer und deren berufliche Fortbildung. Die Deutsche Bildungsgesellschaft möchte ihr Treffpunkt sein.

- Möchten sie sich noch fortbilden?
- Auf jeden Fall, auch aus diesem Grund, dass ständige Bildung geradezu zur Mode geworden ist. Eine Reihe von Schulungen gelang es bereits in Rahmen des Tempelhof-Programms zu realisieren. Da es sehr viele Interessierte gab, gelang es uns noch mehr Gelder zu organisieren, die auch Fortbildungsmaßnahmen für jene ermöglicht haben, für die sich im August im Tempelhof keinen Platz mehr fand.

- Solange es die Strukturen der deutschen Minderheit gibt und seitdem man in der Region Deutsch als Minderheitensprache unterrichtet, hört man Stimmen, dass es an eigenen Lehrbüchern fehlt und die Zahl der Lehrprogramme gering ist usw. Man sagt ständig, dass es sie geben soll, doch diese fehlen immer noch.
- Diese Bedürfnisse sind stets spürbar, weil Bildung ein Prozess ist. Und das betrifft nicht nur die Minderheitenbildung. Es reicht nicht ein Mal ein Lehrbuch oder ein Programm zu schreiben, der für immer das Problem löst. Verschiedene Materialien unter der Leitung der Deutschen Bildungsgesellschaft wurden konzipiert. Doch das Tempo im Bildungsbereich ist immens. Ich blättere in den neuen Lehrbüchern fürs Gymnasium von meiner Tochter und merke eine gewaltige qualitative Veränderung in die gute Richtung, wenn es um Lehrbücher für Geschichte und Polnisch usw. geht. Ich finde dort andere, mehr universelle Inhalte, interessante didaktische Lösungen. Dieser Prozess einer ständigen Verbesserung unserer jetzigen Lage betrifft auch den Sprach- und Kulturunterricht der Minderheit.

- Das stimmt, doch die Ukrainer oder Litauer in Polen haben viel mehr Lehrbücher und Programme, die von ihren eigenen Leuten vorbereitet wurden.
- Es gibt viele Gründe dafür. Die Litauer, welche fast alle in einem Kreis versammelt leben, haben es leichter, weil sie für eine geringe Schulzahl Materialien vorbereiten müssen. Der Deutschunterricht als Minderheitensprache im Oppelner Schlesien ist ein großes Unterfangen, weil es hunderte von Schulen umfasst. Sehr viele Lehrer realisieren verschiedene Konzepte und haben jede Menge didaktische Ideen. Sie werden an den Schulen realisiert und beweisen sich, doch sie nehmen nicht unbedingt die Form einer einheitlichen Publikation für alle an.

- Diese Argumentation habe ich bereits gehört. Dank den fehlenden Lehrbüchern sind unsere Lehrer kreativer, weil sie mithilfe des Computers, des Internets, Materialien aus Deutschland Autorenprogramme und so reiches Hilfsmaterial für die Schüler schaffen, die mit Erfolg Lehrbücher ersetzen.
- Es gibt dieses Phänomen. Daher beabsichtigen wir als Deutsche Bildungsgesellschaft demnächst Wettbewerbe für die besten Unterrichtsentwürfe für Deutsch sowie Geschichts- und Kulturunterricht der Region und des Herkunftslandes auszuschreiben. Wir möchten ein Forum für Lehrer schaffen, die sich auf diese Ebene austauschen und ihre guten praktischen Erfahrungen teilen können. Der Beweis für eine sehr gute Arbeit unserer Lehrer sind die Ergebnisse, welche Schüler aus unseren Region bei Deutscholympiaden und Deutschwettbewerben erzielen. Doch eine Plattform für Kontakte zwischen den Pädagogen ist nötig. Ich wiederhole. Diese möchte die Deutsche Bildungsgesellschaft bilden.

- Das Bildungsministerium ermutigt Lehrer aus den Reihen der deutschen Minderheit dazu eigene Lehrbücher und Programme zu schreiben. In der deutschen Minderheit sind Stimmen zu hören, dass das Ministerium Wettbewerbe ausschreiben sollte und Zuschüsse für diese Ziele vergeben sollte. Wie denken Sie darüber?
- Der Staat liefert gewisse Rahmen. Doch es ist schwer zu erwarten, dass der Staat detaillierte Materialien für den Minderheitenunterricht vorbereiten wird. Dieser sollte jedoch in verschiedener Form solche Bemühungen unterstützen. Wir schaffen es nicht diese zu finanzieren. Doch wir erwarten nicht, dass der Staat es für uns erledigt. Das ist postkommunistisches Denken. Mann muss sich an die Brust schlagen und sagen, dass wir mehr machen konnten. Es ist nicht gelungen ein Team von Lehrern zu bilden, die Lehrbücher schreiben würden. Deren Keim könnten wunderbare “Bildungsinseln" bilden, die wir mit dem Verein Pro Liberis Silesiae an der Spitze haben.

- Welche Hoffnung setzen sie in den Unterricht im Bereich eigener Kultur und Geschichte des Herkunftslandes?
- Riesige Hoffnung. Die Sprüche aus der Reihe “Oppelner Land. Hier bleibe ich" werden nicht wirksam sein, wenn wir zuerst in den jungen Leuten die Verbundenheit zur Region, der Heimat aufbauen. Das Gefühl der regionalen Identität in Oberschlesien ist wohl stärker als in Masowien oder Kleinpolen. Wer sich der Region über die Geschichte und Kultur verbunden fühlt, wird hier lieber bleiben und für die Region arbeiten, sogar entgegen der materiellen Hinsicht. Es lohnt sich vom Modell aus der Ära der Volksrepublik Polen abzusehen, als Kinder aus Schulbüchern wussten, wo und welche Strassen oder Denkmäler es in Warschau gab und die nächste Umgebung in der Schule nicht präsent war.

- Es wird nicht gelingen, alle Einwohner des Oppelner Landes für die deutsche Kultur zu gewinnen.
- Die Kultur und Geschichte des Herkunftslandes, die in Oberschlesien unterrichtet wird, ist nicht nur deutsch. Sie ist beispielweise auch tschechisch, wenn jahrhundertlang die Böhmische Krone ein Teil des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen war. Zeigen wir doch in diesem Unterricht die allgemeine europäische Kultur und setzen starke regionale Akzente. Die Schüler werden selbst sehen, dass die schlesische kulturelle Identität viele Facetten hat. Wenn wir sie in schwarz und weiß ausmalen und in geschlossene nationale Kulturen eingrenzen möchten, besteht die Gefahr zur Vereinfachung und Aufstieg der Nationalismen. Ich fühle mich als Deutscher, aber es bedeutet nicht, dass ich die Poesie von Miłosz nicht lese, oder Chopins Musik nicht höre, nicht nur dann, wenn sie meine Tochter schön spielt. Die Kultur ist universell und ist unser aller Besitz. Sie bildet aus uns eine Gemeinschaft. Eine breitere, als die Definition aus dem 19. Jahrhundert.

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